Spielerischer Umgang mit altem Mythos„Ajax der kleine Held“ als Theaterstück in Dinkelscherben in einer
Ein Bilderbuch-Sommerabend, wie geschaffen für eine Freilichtaufführung
in der
romantischen Atmosphäre zwischen alten Bäumen im Rathausgarten
Dinkelscherben dazu mitten hinein gestellt, eine griechische Komödie
die mit
tiefgründigem Sinn zum Leben erweckt wurde.
So macht Mythos Spaß - und den beherrschten die „neun jungen Dramaturgen“
par excellence und zum Gaudium des begeisterten Publikums. Friedrich
Pilsners Stück führt zurück in die Zeit des Falls der Stadt
Troja in Kleinasien.
Zehn Jahre Krieg hatten unzähligen Kämpfern das Leben gekostet.
Troja wurde
zerstört, der große Feldherr Ajax stirbt im Wahnsinn, nur Ajax
der Kleine
überlebt den Völkermord und strandet (laut Pilsner) auf einer
einsamen Insel
zusammen mit seinem Knecht Persil (Johannes Spatz).
Ständig müder König
Völlig gebrochen bejammert der auch von seiner Statur her kleine Held
Ajax
(Lorenz Wiedemann) sein Schicksal, träumt vollmundig von seinen Kriegstaten,
ein richtiges Großmaul. Und ausgerechnet auf der Insel herrscht ein
ständig
müder, in Theaterträumen lebender König Hans (Christoph
Lang). Hier kennt
man weder Krieg noch Probleme der Hofstaat besteht aus ständig dienernden
Schauspielern (Theresia - Gisela, Barbara Kugelbrey) Maximilian (Willibald
Spatz) und Reinhard (Philipp Aumann), dazu gesellen sich die naiv-kindhaft
folgsame Königstochter Medea (Christine Mayer), deren neckisch aufreizende
Zofe Vileda (Judith Zott) und der, in jeder Komödie unverzichtbare
Rüpel,
Theseus, der Hirte (Konrad Aumann).
In dieser sanft-fröhlichen Umgebung ist natürlich der nach Kampf
und
Heldentaten dürstende Ajax völlig fehl am Platz. Zu allem Unglück
verlieben sich
der Held in die Königstochter und sein Knecht in die Zofe und stören
beide ganz
gewaltig die Idylle.
Um jeden Preis will Ajax die Gunst seiner Angebeteten erreichen und plant
mit
Hilfe des Hofstaats eine List. Er trägt sich an, ein auf der Insel
spukendes
Fabelwesen zu töten und damit seinen Mut zu beweisen, dass es eben
ohne
Kampf keinen Sieg und Frieden gebe. Der König bekommt auch Angst,
der
Hofstaat spielt das Theater mit, der Drache erscheint, wird von Ajax getötet,
alles scheint perfekt. Die Prinzessin sinkt dem „Helden“ an die Brust,
doch
dann kommt der ganze Schwindel mit dem Drachenkampf auf, die Zauberwelt
des Königs zerbricht, der Hofstaat wird entlassen, das einzig glückliche
Paar
werden der Knecht und Ajax und seine Vileda.
In Schmach und Schande
Ajax bleibt in Schmach und Schande, die hochphilosophischen Gedankenflüsse
des Hirten, der meistens betrunken ist, schweben noch durch das Szenario,
nur
der König und seine Tochter bleiben übrig und können nicht
einmal mehr ihr
Schloss betreten, weil sie den Schlüssel verloren haben.
So ging dieses zweistündige „Spectaculum maximum“ über die Bühne.
Mit den
einfachsten Mitteln wurde das Bühnenbild entwickelt. Alle Akteure
arbeiteten für
einen fliegenden Szenenwechsel zusammen. Beim Ensemble war die
Spielbegeisterung deutlich zu erkennen. Allen voran stand der Protagonist
Ajax
mit vorzüglicher Sprache und Gestik, ihm zur Seite sein raffiniert-schlauer
Knecht, die ausgezeichnete Persiflage eines Königs und seiner, in
einer
Märchenwelt schwebenden Tochter, dazu die lebensfrohe Zofe und der
treffliche
Polterer und Rüpel Theseus.
Ständiger Rollenwechsel
In ständigem Rollenwechsel wurden die drei „Minister“ präsentiert.
Als Fazit der
Komödie könnten die weisen Worte des Königs dienen: „Früher
war alles
einfacher“, wo er doch seine ganze Politik durch Kunst ersetzen wollte.
Augsburger Allgemeine, 25.06.2002