Junge Leute spielen Theater – eine gute Sache, möchte man meinen.
Was sich jedoch hinter dem Stück „Warten auf Dillinger“ verbirgt,
entbehrt jeglichen Schöngeistes. Friedrich Pilsner würde sich
im Grabe umdrehen, wenn er sähe, was aus seiner einfühlsamen
Vorlage gemacht worden ist: eine Rüpelkomödie, die ihresgleichen
sucht; derb, burlesk und obszön. Wie wir aus gut informierter Quelle
erfahren haben, hat Professor Dr. Leyhter Weizman sein Kommen nicht wegen
anderer Termine abgesagt, sondern wegen des niedrigen Niveaus der Inszenierung.
Bei den Proben der Theatergruppe offenbarte sich uns ein erschütterndes
Bild: Man kann sich vor Unterleibsflüchen („Der ist so geizig, der
läßt sich für fünf Mark eine Blutblase in den Sack
zwicken.“ u.ä.) kaum retten, eine junge Dame zeigt sich fast nackt
und zu allem Überfluß hat ein Akteur angekündigt, er wolle
sich eine Stirnglatze schneiden lassen, um des Alters zu spotten. Es wird
geprügelt, geschrien und gepoltert. Näheres zu berichten, verbietet
die gute Kinderstube.
Wo bleiben Sitte, Moral und Anstand? Dieses Stück hat nichts mehr
zu tun mit Kleiner Anmut, Großer Einfalt. Gut, daß das Peter
Steiner nicht mehr erleben muß. Das ist keine Kultur!
Alexander Bönte