Wie unheimlich: Es spukt
Gothika

Die Kriminalpsychologin Dr. Amanda Grey (Hale Berry) erwacht schreiend in einer Zelle, ohne Ahnung, wie sie dorthin gekommen ist. Sie habe ihren Mann umgebracht, nur sie weiß nichts davon. Am Tag zuvor hat eine gesperrte Straße sie gezwungen, einen Umweg nach Hause über eine Brücke zu nehmen, auf dem ihr ein Mädchen begegnet ist, plötzlich und blutverschmiert; danach ist es dunkel in der Erinnerung. Nun ist sie inhaftiert in ihrer alten Arbeitsstätte, dem Woodward Frauengefängnis, ihre Lage ist düster, denn mehr als die Vermutung, dass sie unschuldig ist, hat sie nicht, alle Indizien sprechen gegen sie. Sie muss lernen von der ehemaligen Anvertrauten und jetzigen Leidenskollegin Chloe (Penelope Cruz), dass es schwer ist zu jemandem Vertrauen zu fassen, der einen für verrückt hält, auch wenn er nur helfen will, wie Dr. Pete Graham, der sympathische Freund und ehemalige Kollege, der, wenn es mit einer Gefangenen erlaubt wäre, auch mehr wollte als helfen.
Auch hier im Gefängnis, allein in der Zelle, umgeben von Wärtern, hört der Horror nicht auf: Das Licht flackert und keine ist allein, es spukt, der Teufel geht um und vergewaltigt Chloe und die bildet sich das nicht ein. Miranda glaubt ihr erst, als ihr selbst nicht mehr geglaubt wird.
Mathieu Kassovitz inszeniert schön stimmungsvoll, Gewitterblitze erhellen das Gefängnis, ein klassisches Spukschloss, die Frauen werden zum Duschen geführt wie in einem Konzentrationslager und dann in die kalten, metallausgekleideten Zellen, ungemütlich. Das sieht aus, als ob das gemacht wäre, weil es so aussehen muss, aber die Atmosphäre entsteht, und der Frieden mit dem Film ist geschlossen.
Dann aber lichtet sich das Mysterium, indem die Geister die von Mädchen sind, die auf dubiose Weise zu Tode kamen und Miranda benutzen, um ihre Peiniger zu ihrer gerechten Strafe kommen zu lassen im Diesseits. Sie helfen Miranda nach Kräften, sperren ihr Türen auf, besetzen sie, machen Lichter an, fahren ihr Auto, da kann die Psychologin nicht viel falsch machen, auch wenn sie immer noch weniger kapiert als der Zuseher, aber sie ist ja auch durcheinander.
Eigentlich eine tolle Idee, in einem Horrorfilm mal mit den Urängsten der Menschen zu spielen, aufzuwachen und sich nicht mehr erinnern oder am sichersten Ort der Welt zu sein, einem Gefängnis, und doch bedroht zu sein und so weiter. Doch dieser Film enttäuscht auf ganzer Linie, kurz nachdem alles funktioniert hätte, gibt er die Stimmung auf zu Gunsten einer Action-Verfolgungsjagd und man bedauert den bis dahin investierten Grusel. Die gute Miranda wird weiterhin den guten Geistern zur Verfügung sein, ausstehende Rechnungen zu begleichen, suggeriert das Ende, aber das braucht keiner mehr auf der Leinwand. Aber schön, dass es solche Menschen gibt, denen die betrogenen Seelen nicht wurscht sind.

Willibald Spatz
16. Januar 2004

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