Zug schauen
Station Agent

Die in den Vereinigten Staaten haben Autos. Wer zu Fuß unterwegs ist oder mit dem Zug, ist einsam und kommt nicht weit. Finbar hat von seinem Freund ein Bahndepot vererbt bekommen in New Jersey, wo sonst nichts ist, wo er seinen Zügen nachschauen kann, der Mann, der nur einen Meter 35 hoch ist und, wo er geht, die Blicke hinter sich herzieht.
Dort im Nichts ist er nicht der einzige einsame, da ist noch Joe, der seinen kranken Vater im HotDog-Stand gegenüber des Bahnwärterhäuschens vertritt, und da ist Olivia, die einen Sohn verloren hat und Finbar fast zusammenfährt. Die beiden bohren solange an der Verlassenheit des Zwerges, bis er überläuft und sie in die Arme schließt.
Tom McCarthy erzählt in seinem sympathischen Debütfilm von der Freundschaft von Dreien, die sich wieder was wert sind, als sie bemerken, dass sie einander was sein können. Aber sie können da auch nicht raus: Finbar erfährt, wie klein er ist, als er einer Büchereiangestellten helfen will, deren Freund sie geschwängert hat und Olivia, als ihr Ex-Mann sie heimsucht, um ihr zu sagen, dass er schon wieder für einen Nachkommen gesorgt habe, was ihr wegen ihres Alters nicht möglich ist. Das Glück ist eben hier im Nichts gepflanzt auf einem winzigen Stück Erde.
Ein amerikanischer Film, bei dem die Lautstärke leiser gedreht wurde, ein gutes weiter, als man es gewohnt wäre. Kann das hier auch passieren, was da zu sehen ist? Wahrscheinlich schon, aber dazu muss man sich zu Fuß bewegen oder einen Tag an einer Brücke sitzen können, um die wenigen Züge zu beobachten, die vorbeifahren. Dann sieht man so was und fühlt sich wohl dabei.

START: 3. Juni 2004

Willibald Spatz
26. März 2004

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