Madonna zum 50.
Als Quentin Tarantino
zu Beginn seines Films „Reservoir dogs“ Gangster über den wahren Inhalt
von Madonnas „Like A Virgin“ diskutieren ließ, war dem Letzten klar,
dass die Frau ernst zu nehmen und nicht in Hitwunderschnelle verschwunden
ist. So reichte der Regisseur ihr die Hand und zog sie endgültig empor
ins Rampenlicht der von der Kulturwelt zu Beachtenden. Und Jahre später
bot sie selbst der kleinen Britney Spears die Lippen zum Kuss, einmal in
einer Samstagabendshow und ein zweites Mal im Video, was direkt den Sprung
aus den Bravocharts in das Feuilleton bedeutete.
Mein erster Versuch,
Madonna einzuordnen war „die, die sein will wie Marilyn Monroe“. Aber –
so dumm war ich auch damals nicht – ich merkte schnell, dass das so einfach
nicht passt. Da ist eine, die alle zwei Jahre ein neues Gesicht aufhat,
mit dem es sich auseinander zusetzen gilt und über die man niemals
sagen kann „Die mag ich nicht“, weil man ja nicht weiß, was in zwei
Jahren ist. Einmal eben Marilyn, dann Femme fatale, Sexsubjekt, schließlich
Girlie und Frauenpower. Eine Frau, die so vielseitig ist, nicht nur auf
der Bühne, sondern auch als Geschäftsfrau zum Beispiel, die ist
nicht dumm. So ähnlich wird auch über Schwarzenegger oder die
Feldbusch gesprochen, wobei die ihr Brot wirklich für die Doofen backen.
Deren Trumpf ist es, ständig unterschätzt zu werden. Das ist
bei Madonna anders. Jedes Mal, wenn wir ihr gegenüber stehen, wissen
wir, dass es die beste Madonna ist, die sie selbst gerade in der Lage ist
zu schaffen, keine Ausschussware, auch nichts, das nur so ist, wie es ist,
weil wir es so sehen wollen, nein, das ist authentisch. Wir fühlen
uns ernst genommen, wie bei einer Mutter, was sie übrigens auch erfolgreich
ist.
Das ganze Popgeschäft
ist wie ein Pferderennen, ein trauriges, denn egal auf welches Pferd man
setzt, es wird selten ein zweites Mal als Sieger ins Ziel rennen. Immer
nur schnell Geld machen und dann weg sein und drogenabhängig werden,
sich verzweifelt mit Sexgeschichten im Pressesumpf oben halten, schließlich
verlieren, um als Legende weiterleben zu können. Andere werden alt
und würdelos, demontieren 20, 30 Jahre, was sie sich jung geschaffen
haben und niemand, niemand sagt „Hör auf!“ Wenn die Welt der Stars
ein Abbild der unseren auf einer höheren Ebene ist, dann könnte
man heulen, weil man merkt, wie sehr man auf Mythen angewiesen ist, auf
dem Weg aus der Bahn der Kugel in den Kopf. Wenn nur jemand von den Hohen
vormachen würde, wie das geht: Altern.
Alt? Mit 50 Jahren
ist jemand in der Popwelt alt oder schlimmer jung geblieben. Und Madonna?
Ja, kann denn jemand alt werden, die alle zwei Jahre wiedergeboren wird?
Nein, das kann sie
nicht und deshalb lieben wir sie und manchmal auch ihre Musik und ihr Gesicht
und wir freuen uns darauf mit ihr älter zu werden und vielleicht,
bevor es zu spät ist, zu lernen, wie es geht, wie sie zu sein, natürlich
nur ein bisschen, denn vermessen sind wir nicht, die wir hier im Niederen
fischen. Alles Gute von da unten, bleiben Sie so, wie Sie sind und denken
Sie daran, dass Sie auch mal jemand hochgezogen hat!
Willibald Spatz
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