Zum Glück der süddeutschen und
österreichischen Freunde alternativer Musik gibt es den Radiosender
fm4. Um das perfekt zu machen luden die Damen und Herren Macher zum Festival
in die Berge. Weil sie die amerikanischen Rock `n` Roll – Clowns Metallica
zum mitspielen überreden konnten, war der Spaß schnell ausverkauft.
Selbst auch hin in der Gruppe und gleich
so zusammengefühlt, dass Ich in der Tasche verschwand und wir alles
nur noch gemeinsam erlebten und fühlten: die Musik, das Grillen, das
erste Bier des Morgens und das letzte, kurz zwei Tage friedvolles Eventerfahren.
Alles können wir uns nicht anschauen
und manches ist auch schon zuviel, den kilometerlangen Weg zur Bühne
vom Zelt jedenfalls nicht wert. Zum Beispiel:
Jochen Distelmeyer von Blumfeld hat es
wichtig mit uns. Dank euch! Geil!“ schreit er uns an, aber wir wissen auch,
was wir am ihm haben: Er spielt uns „Superstarfighter“ und „Verstärker“
vom 93er Superalbum „L’ etat e moi“ . Wir sind sehr glücklich und
finden die Lieder der neuen Platte im Gegenteil gar nicht schlecht. Dank
dir geil, Herr Distelmeyer.
Liebe Frau Nova, Heather, erlauben Sie
uns, das Wort dieser Stelle persönlich an Sie zu richten. Nur zwei
Dinge: Lassen Sie den Contrabass weg! Der simuliert Weltmusik und Jazz,
das wollen wir hier nicht. Und zweitens: Die Frau, die bei Ihnen Gitarre
spielen darf, soll ihre Rockstarposen daheim vor dem Spiegel üben
und nicht auf der Bühne, immerhin bekommt sie Geld dafür. Von
uns und nicht wenig.
Bei Travis waren fünf Lieder ausgemacht.
Ärgerlich, dass man schon bei der Ansage zum dritten was lernen soll:
„Going into the war is just the wrong thing.“ Um darüber nachzudenken,
brechen wir darauf zum Zelt ab. Ende erster Tag, zweiter Tag:
Beck Hanson aus den USA macht uns einen
guten Country. Gefällt uns, wäre doch auch zwei Tage so gegangen
oder wenigstens noch zwei Stunden mehr.
Placebo merken nicht, dass ihnen der Strom
ausfällt und verbieten fm4, ihr Konzert im Radio zu spielen, aber
das hätten die doch wieder nicht gespnnt. Aber ansonsten „Super, Hansi,
weiter so, Hansi!“
Die Hauptband beweist am Freitagabend,
dass sie inzwischen als Selbstdemontagekünstler so gut wie die Rolling
Stones ist. Zu Beginn versuchen sie’s mit „Battery“ von der 86er Blödelmetalplatte
„Master of Puppets“. Leider lässt sich die reife Jugend viel zu leicht
um den Finger wickeln. Aber klar, wenn man seine Karte deswegen gekauft
hat, ließe sich schlecht zugeben, dass das Überwinden von Alkoholproblemen
das Ende des glaubhaften Rockstardaseins bedeutet. Bis zum bitteren Ende
wurde es eher viel schlimmer als besser.
Was wäre ein Festival und dazu eines
wie dieses ohne sein Drumherum? Das lieben wir doch, die Hinkehr zum improvisierten,
einfachen Leben, das wir nicht kennen, wenn wir nicht beim Heer waren.
Fünf Euro gibt es für den vollen
Müllsack zurück. Wir wollen aber nicht erzogen werden, sind nämlich
alt genug, um selbst so vernünftig zu sein. Den Müllsack haben
wir aufgeblasen zurückgegeben und den Dreck um uns verteilt.
Die Zeltwiese liegt am Mittwochabend der
Anreise so jungfräulich zwischen den Bergen, dass man sich wünscht,
die Hausschuhe nicht vergessen zu haben.
Drei Tage später gehen wir lieber
noch mal aufs Klo anstatt uns zu waschen, denn dabei geht mehr Dreck weg.
Aber jetzt hat sie Zeit zu ihrer Jungfräulichkeit zurückzufinden.
„Bis zum nächsten Jahr“, schreien wir unseren neuen Bekanntschaften
zu und sehen uns erst wieder auf der Autobahn stehen.
Willibald Spatz