Freunde sind die albernste Sache der Welt.
Sie sind nur da, jederzeit ohne Frage, um dir in deinem schwächsten
Moment aufzulauern, dir in deiner Krise und im Vollsuff die peinlichen
Geständnisse abzupressen, die sie für ihre Romane brauchen. Der
Moment, in dem du beginnst, dich besser zu fühlen, das Schwarz Lichtlöcher
bekommt, wird der deiner Niederlage.
Jetzt hast du in dir auf deinem Grund
eine Emotion gezüchtet, die reiner und größer strahlt als
alles, was du bisher gefühlsmäßig geworfen hast, du holst
es raus und wirst nichts als verhöhnt dafür, nicht genau dann,
wenn du es hervorziehst, aber auch da kommt es dir schon mickrig vor
sondern nachdem du den Freund mit einem Dank und Du-hast-mir-geholfen
entlassen hast. Dennoch, denke nur mal an die schönen Nächte,
aus denen wir freundestrunken und schwer beladen vom Oktoberfest nach Hause
wankten. War das nichts oder nicht etwa doch alles, wofür wir zu leben
haben, gerade in diesen Stunden?
Loblied dagegen auf die Fremden. Die Ritter,
die die Nacht durchfurchen wie man selbst, gleich angezogen und desinteressiert
am Fleisch. Deren Zittern Ruhe gibt nach dem dritten gierigen Zug aus dem
ersten Bier. Die Frage ist, wer zahlt, wenn man schon sich unbekannt hier
nebeneinander zum sitzen und reden kam. Immer der, der mehr von seiner
Herzscheiße loswurde. Man lässt sie eh liegen zum Aufkehren
für die Bedienung, in die ich dir kann ich es sagen verliebt bin,
und ich weiß gar nicht, wie sie es erfahren soll.
Dann sag es ihr einfach. Du musst dich
trauen, du musst was erleben, du musst viel raus.
Der hier zwischen Freund und fremd. Scheinbar
geboren und gemacht, um lebenslang in den Kneipen hier um mich zuzuhören.
Wofür er mich tröstet keine Ahnung. Irgendwas, was ich ihm
das letzte oder viertletzte Mal erzählt habe, keine Ahnung, obs wahr
war oder die Geschichte einer anderen, deren Wirkung mich interessiert
hat. Dass er sich erinnert, verdanke ich nicht nur seinem Elefantengedächtnis,
sondern auch seinem Resistenzgen gegen Alkoholisches. Ja, es scheint, als
mache ihn jedes weitere nur noch koordinierter und scharfsinniger.
Den Schnaps zum Bier habe ich ihn gern
einführen lassen, weil ich mich jetzt nicht peinlich brauche.
Nur einmal kurz reflektiert: Alles nichts,
was nicht scheißegal wäre und mich nicht bezahlt gehen ließe.
Diesmal habe ich es gemerkt, diesmal bin
ich aufgesprungen, bevor es passiert. Soll der doch seine Geschichten einem
anderen aus dem Mark schneiden. Ich bin doch kein Steinbruch.
Gute Nacht.
Willibald Spatz
3./4. Mai 2004