Nighthawks
Kurz
ein Blödsinn
von Willibald Spatz
(Herr Larry und Herr John
sitzen im Bild „Nighthawks“. Tasse Kaffee vor ihnen auf dem Tisch.)
Herr Larry: Kann sein.
Herr John: Ich verstehe es
nicht.
Herr Larry: Was heißt, du
verstehst es nicht?
Herr John: Es sagt sich leicht.
In Wirklichkeit ist es klar. Ich will’s nur nicht wahr haben.
Herr Larry: Du hast gesagt, dass
Frauen überhaupt erst interessant sind, wenn in festen Händen.
Herr John: Stimmt auch, ohne
Frage.
Herr
Larry: Also.
Herr John: Ich bin ihm auch
nicht böse, wirklich nicht. Hat zumindest Geschmack. Obwohl –
(Fräulein Linda tritt an den Tisch, eine Kaffeekanne in der
Hand.)
Fräulein Linda: Noch Kaffee?
Herr
John: Was?
Fräulein Linda: Kaffee?
Herr John: Nein. – Das
heißt: ich weiß nicht. Vielleicht wäre es Zeit zu saufen. (Fragender Blick
zu Herrn Larry.)
Herr Larry: Ja, vielleicht.
Herr John: (Zu Fräulein
Linda.) Gut. Sehr gut. Haben Sie Bier?
Fräulein Linda: Bier?
Herr John: Ja.
Fräulein Linda: Ja.
Herr John: Gut. Sehr gut. – Zwei
bitte.
Fräulein Linda: (Zu Herrn Larry.)
Und für Sie auch zwei?
(Alle lachen. Fräulein Linda hinter die Theke.)
Herr John: Sie ist ein alter
Hase.
Herr Larry: Ich weiß, was du
jetzt denkst.
Herr John: Nein. Nein. Nein.
Herr Larry: (Hält Zeigefinger
und Daumen der rechten Hand im Abstand von vier Zentimetern auseinander.
Fragend.) Auch nicht so?
Herr John: Nein. Nein. Nein.
Herr Larry: (Verringert den
Abstand auf zwei Zentimeter.) So?
Herr John: Nein. Nein. Nein.
Herr Larry: (Etwas
enttäuscht.) Oh.
(Fräulein Linda bringt jedem der Herren ein Bier.)
Herr John: Oh, Bier. Gut.
Fräulein Linda: Vorsichtig trinken.
Bitte. (Ab hinter die Theke.)
Herr Larry: Sehr gut.
Herr John: (Blickt auf seine
Armbanduhr.) Aha!
Herr Larry: (Springt auf zum
Rand.) Gott!
Herr John: Was ist?
Herr Larry: Es hat sich was
bewegt da draußen.
Herr John: Ja und?
Herr Larry: Es hat einer
hereingeschaut.
Herr John: Du schaust doch auch
raus, da darf auch mal einer reinschauen.
Herr Larry: Ich meine von ganz
draußen.
Herr
John: Was?
Herr Larry: Ganz, ganz draußen.
Herr John: (Steht auch auf.) Ui
ja.
Fräulein Linda: (Tritt von hinten
an sie heran.) Zahlen?
Herr John: Niemals! Sehen Sie
nur: dort.
Fräulein Linda: (Sieht.) Das
gibt’s ja fast nicht!
Herr Larry: Haben Sie eigentlich
einen Freund?
Fräulein Linda: Was?
Herr Larry: Einen Freund?
Fräulein Linda: Ja.
Herr John: Da kommt jemand.
Fräulein Linda: Wo sind wir hier?
Herr Larry: Wir?
Herr John: Sieht aus wie ein
Museumsraum.
Fräulein
Linda: Hier?
Herr John: Sie sind zu zweit.
Herr
Larry: (Lacht.) Sie
sehen aus wie zwei Deppen.
Fräulein Linda: Ob sie unsere Sprache
sprechen?
Herr Larry: Man kann sie ja
fragen.
Herr John: Glauben Sie, dass wir
hier sicher sind?
Fräulein Linda: Weiß nicht.
Herr Larry: (Setzt sich zu
seinem Bier.) Ich bin gespannt, was sie jetzt machen wollen.
Herr John: Ich frage mich, wie
wir hier rauskommen sollen.
Herr Larry: Ich bitte dich, das
haben wir uns doch noch nie gefragt.
Fräulein Linda: Vorher war auch was
anderes.
Herr John: Das ist uns noch nie
aufgefallen.
Herr Larry: So etwas.
Fräulein Linda: Ich habe Angst. Was
ist, wenn sie uns ausradieren?
Herr Larry: Ich habe eine Idee:
Wir scheißen hier alles voll, dann ist der Depp dran, weil er nicht aufgepasst
hat.
Herr John: Das ist fies.
Herr Larry: Gegenvorschlag: Bitte
doch einen der Herren, einen Maler herzubestellen, damit er dir eine neue Frau
malt.
Herr John: Das ist nicht witzig.
Herr Larry: (Zu Fräulein
Linda.) Sie müssen wissen, er kann gerade nicht heim, weil seine Frau von
einem gemeinsamen bekannten Dritten gevögelt wird.
Fräulein Linda: Ja?
Herr John: Hör auf damit!
Herr Larry: Ach, ist es nicht
recht, wenn ich vor dem Fräulein – vielleicht doch so. (Abstand: ca. acht
Zentimeter.)
Herr John: Ich warne dich,
Freund! (Geht auf Herrn Larry los.)
Fräulein Linda: Meine Herren, wir
sind nicht allein.
Herr John: Richtig. Hätte ich
fast vergessen.
(Sie stellen sich in einer Reihe auf. Schweigen ca. eine
Zeitlang.)
Herr Larry: Was jetzt?
Fräulein Linda: Ich weiß nicht, was
die von uns erwarten.
(Schweigen, etwas länger.)
Fräulein Linda: (Blick zu den
beiden.) Nein, das könnt ihr euch abschminken, ich zieh mich nicht aus.
Herr John: (Etwas
enttäuscht.) Oh.
Herr Larry: Ich muss mal was
ausprobieren. (Krabbelt nach vorne, greift hinein.) Cool. Da ist gar
kein Glas, da kann man rauslangen. (Kriegt beinahe das Übergewicht.)
Hilfe!
(Die anderen können ihn im letzten Augenblick zurückziehen.)
Herr John: Jetzt ist aber mal
gut.
Herr Larry: Ja, Entschuldigung,
dass ich lebe!
Fräulein Linda: Was sollen wir jetzt
machen?
Herr John: Das, was wir am
besten können?
(Sie setzen sich, Fräulein Linda bringt wieder Bier.)
Herr John: Wie seh ich
eigentlich aus?
Herr Larry: Ja, hallo, willst du
wegen der paar Deppen jetzt – ah, verstehe. (Blick zu Fräulein Linda.)
Herr John: Nein. Nein. Nein.
Herr Larry: (Sechs
Zentimeter.) So?
Sofort AUS.