Gipfeltreffen

Wetten dass...? am 8. November 2003

 

Am stärksten ist der große, sympathische , blonde Kulturbegriffneudefinierer schon , wenn er allein mit Kindern ist, da lässt er’s krachen. Eine Wette wird zu diesem Zweck eingeführt. Ein Achtjähriger darf einen Traktoranhänger rückwärts einparken und sich vom König der deutschen Samstagabendunterhaltung Fragen stellen lassen. Ob er denn mit dem Traktor Zigaretten holen fahre oder Mädchen? Der Junge ist dem schlagfertigen Showmaster zentimeterhoch unterlegen; der Tomi muss sich nur vor Robi hüten, der Robbe, die mit minimalistischen, aber sehr effektvollen Kunststücken die Zuschauer zum Brodeln bringt.

Souverän auch der Umgang mit dem anderen, in die Jahre gekommenen jungen Kerl, der verdammt viel erlebt hat und nun verdammt ehrlich darüber schreibt, der Ehrenleimener, denn Sinn einer Autobiographie ist es, über sich selbst zu schreiben. Gottschalk: „Du hast auch viele fremde Menschen sehr nah an dich herangelassen.“ Gut, wieder ein Punkt für ihn.

Wetten dass...? will es zugleich allen recht machen und ausschließlich Thomas Gottschalk inszenieren. Dazu wird ein Gipfel von Prominenten aufgeschichtet auf den er sich setzen kann. Das ist ein großer Luxus, den sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen da erlaubt, aber was sollen die schon Spannendes zu erzählen haben von dem Stolz einer Mutter, den Härten des Modellseins, dem Hungern der Kinder in Afrika, den Höhen des internationalen Musikgeschäfts, wenn der Hausherr erst in Fahrt ist?

Eigentlich braucht er auch nicht die wahren Stars des Abends, die, die diese tollen Sachen vorführen, nur um einmal neben den Damen Campbell, Herbert Grönemeyer oder Justin Timberlake zu sitzen. Die sollen lieber ihre Tricks dort aufführen, wo sie herkommen, im Vereinsheim oder am Frühstückstisch, das würde Raum schaffen für ein früheres Sportstudio oder mehr Steyrerwitze.

Der Herr, der soll nur aufpassen, weil ein kleines Formtief ihn und seine Sendung in einen Abgrund werfen könnte, aus dem ihm keiner dieser netten Runde, die jetzt so freundschaftlich miteinander tut, jemals herauszöge; dann aber guten Abend, Herr Gottschalk.

Willibald Spatz

mehr Kritiken