Altes Schlammloch Vergangenheit
„Die Glasmenagerie“ von Tennessee Williams im Deutschen Schauspielhaus, Hamburg

„All we’ve seen and see is nothing but a dream within a dream.” Schon wieder dieser Satz am Anfang einer Inszenierung von Sebastian Hartmann. Träume mögen mit Erinnerungen gemein haben, dass sie immer mit Musik unterlegt sind „Ein Spiel der Erinnerungen“ ist Tennessee Williams’ „Glasmenagerie“. In seiner Vergangenheit wühlt Samuel Weiss als Tom. Es geht um die Zeit, als er mit seiner Mutter Amanda und seiner Schwester Laura zusammenlebt, nachdem der Vater gegangen ist, die Zeit, von der er viel im Kino verbringt und träumt, Schriftsteller zu werden, die Zeit, in der Amanda, ehemalige Schönheit, einst von 17 Bewerbern an einem Tag belagert, sich sorgt um Laura, damit sie nicht als alte Jungfer ende ohne Verehrer.
Die Mutter Marlen Diekhoff muss ein rechter Tyrann gewesen sein, weshalb Tom sie in seiner Erinnerung viel anbrüllt. Der Zuschauer kapiert schnell, was los ist, trotzdem soll es ihm ruhig so oft vorgeführt werden, bis es nervt, meint der stark in seine Ideen verliebte Hartmann, die so gut sie gedacht sind, oft genau so schlecht wirken auf der Bühne.
Das Haus ist ein Glaskasten, von Peter Schubert errichtet, das den jeweiligen Ort der Handlung um einen Baum zum Publikum hindreht. Drehbare Bühnen inspirieren den Regisseur zu ausdrucksvollen Bildern, in denen die Personen, die er hineinstellt, spielerisch nie zueinander finden. Das macht dem Zuseher nicht nur keinen Spaß, das langweilt ihn bisweilen schlicht.
Etwas Leben in die Bude, vielmehr das Spiel, bringt der Auftritt von Jim, Arbeitskollege von Tom, gespielt von Thomas Lawinsky und potenzieller Bräutigam für Cordelia Wege respektive Laura. Abendessen. Gewitter. Kerzenlicht. Robben im Schlamm. Die so provozierten Lacher sind vielleicht billige, aber es sind welche. Der Schluss rettet den Abend nicht, sondern lässt umso schmerzhafter an die 75 Minuten denken, die bis dahin abzusitzen waren. Wäre doch eigentlich gleich so gegangen, müsste man nicht immer so radikal belehrt werden und ließe man den Schauspielern etwas Gelegenheit natürlicher zu sein. Das nächste Mal.
 
 

Willibald Spatz
2. Dezember 2003

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